Wien/Villach (pts011/20.11.2019/09:45) – Unwetter und Naturkatastrophen haben dramatische Folgen – auch finanziell. Leidtragende können aber den Schaden mindern, indem sie die notwendigen Mehrausgaben steuerlich berücksichtigen. Denn sowohl Privatpersonen als auch Betriebe können Belastungen durch Hochwasser, Lawinenkatastrophen, Vermurungen oder Sturmschäden steuerlich geltend machen. Was hier unbedingt zu beachten ist, hat die Steuer-Expertin Birgit Perkounig, Partnerin des renommierten Steuerberatungsunternehmen TPA in Villach, für beide Bereiche – privat und betrieblich – zusammengefasst.
Ausgaben nach Katastrophenschäden im Privatbereich
Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung
Private Aufwendungen zur Beseitigung von Hochwasser-, Vermurungs- oder Sturmschäden können in voller Höhe als außergewöhnliche Belastung bei der jährlichen Steuererklärung geltend gemacht werden. Egal, ob Arbeitnehmerveranlagung oder Einkommensteuererklärung. Diese Kosten können aber grundsätzlich nur vom Eigentümer der betroffenen Gegenstände oder unter Umständen auch durch eine unterhaltsverpflichtete Person steuerlich abgesetzt werden.
Welche Aufwendungen sind konkret abzugsfähig?
– Kosten für die Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen Kosten z.B. für die Beseitigung von Wasser- und Schlammresten, von Sperrmüll sowie unbrauchbar gewordenen Gegenständen, Raumtrocknung sowie Mauerentfeuchtung, erhöhte Energiekosten, Anschaffung (Anmietung) von Trocknungs- und Reinigungsgeräten. Bei diesen Kosten ist es gleichgültig, ob sie im Zusammenhang mit dem Haupt- oder Nebenwohnsitz anfallen oder auch für „Luxusgüter“ wie Sauna oder Schwimmbad. In voller Höhe absetzbar sind Wohnkosten für ein notwendiges Überbrückungsquartier.
– Kosten für die Reparatur und Sanierung beschädigter Gegenstände Kosten z.B. für die Reparatur und Sanierung von Wohnungen und Wohnhäusern, für die Erneuerung des Fußbodens, des Daches, des Verputzens und Ausmalens von Räumen, für die Sanierung von Senkgruben und Kanalanlagen, der Reparatur und Wiederherstellung von Zäunen, Gehsteigen und Hofpflasterungen, Renovierung von Gräbern sowie der Reparatur beschädigter Kraftfahrzeuge sind abzugsfähig. Ebenfalls abzugsfähig: die Kosten für Gegenstände, die für die „übliche Lebensführung“ benötigt werden, und zwar in Höhe der tatsächlich bezahlten Rechnungen. Nicht abzugsfähig sind dagegen die Kosten für Reparatur und Sanierung im Zusammenhang mit einem Zweitwohnsitz oder „Luxusgütern“ wie zB einem Schwimmbad.
– Kosten für die Ersatzbeschaffung zerstörter Gegenstände Kosten z.B. für den erforderlichen Neubau des gesamten Gebäudes oder von Gebäudeteilen, für die Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen (ausgenommen z.B. Dekoration, Zimmerpflanzen, Bilder), Neuanschaffung von Kleidung (höchstens 2.000 Euro pro Person), Geschirr, Vorräten, Spielzeug, Schulbedarf, Werkzeug sind abzugsfähig.
Absetzbar sind auch die Kosten (Neupreis) von Gegenständen, die für die „übliche“ Lebensführung benötigt werden, allerdings nur jene, die den Hauptwohnsitz betreffen. Die Kosten der Ersatzbeschaffungen dürfen den „durchschnittlichen“ Standard dabei nicht überschreiten.
Nicht abzugsfähig sind Kosten z.B. für Sportgeräte oder Gegenstände, die einem „gehobenen Bedarf“ dienen. Das gilt auch für Ersatzbeschaffungen des Zweitwohnsitzes, Gartenhäuschen, Wohnmobile oder Wohnwägen.
– Kosten für die Ersatzbeschaffung von Fahrzeugen Die Ersatzbeschaffung eines (!) PKW kann nur bis zum Zeitwert des beschädigten Fahrzeugs geltend gemacht werden. Dies gilt auch wenn die Beschädigung am Zweitwohnsitz eingetreten ist. Für die Berechnung des Zeitwertes ist von maximalen Anschaffungskosten von 40.000 Euro auszugehen. Für jeden Steuerpflichtigen kann nur ein Auto hinsichtlich der Ersatzbeschaffung berücksichtig werden.
Kosten für die Ersatzbeschaffung von Mopeds oder Fahrrädern (außer Sportgeräten, z.B. Rennräder) sind voll absetzbar. Die Ersatzbeschaffung von Motorrädern ist nur abzugsfähig, wenn es sich um das einzige von der betreffenden Person genutzte Kraftfahrzeug handelt.
– Kosten für die Anschaffung von Präventivmaßnahmen Nicht abzugsfähig sind Präventivmaßnahmen zur Vermeidung künftiger Katastrophenschäden (z.B. Errichtung einer Stützmauer).
Wichtig: Nachweis der Ausgaben – die Kosten in Zusammenhang mit Katastrophenschäden müssen durch Rechnungen und (!) Zahlungsbelege (Überweisungsbeleg bzw. Empfangsbestätigungen) nachgewiesen werden. Außerdem muss dem Finanzamt grundsätzlich die von der Gemeindekommission aufgenommene Niederschrift hinsichtlich der Schadenserhebung (falls vorhanden) vorgelegt werden. In der Regel stellen die von der Schadenskommission festgestellten Beträge das Höchstmaß der steuerlich absetzbaren Beträge dar.
Welche Entschädigungen mindern die außergewöhnliche Belastung?
Folgende Entschädigungen nach einer Naturkatastrophe kürzen die absetzbare außergewöhnliche Belastung: – Versicherungsentschädigungen – Zahlungen des Katastrophenfonds – Private Spenden anlässlich der Naturkatastrophe – Steuerfreie Zuwendungen des Dienstgebers oder des Betriebsratsfonds – Veräußerungserlöse von beschädigten Gütern
Was gilt, wenn die Sanierung oder Ersatzbeschaffung durch Kredit finanziert wird?
Wird die Beseitigung eines Katastrophenschadens durch Fremdmittel (z.B. Bankkredit) finanziert, dann ist nicht die Bezahlung der Rechnungen für die außergewöhnliche Belastung steuerwirksam, sondern erst die Rückzahlung des Darlehens einschließlich Zinsen. Werden also die Kosten fremdfinanziert, verteilen sich die außergewöhnlichen Belastungen daher auf die Steuererklärungen mehrerer Jahre. Dies kann bei hohen Kosten durchaus ein steuerlicher Vorteil sein.
Was gilt für erhaltene freiwillige Zuwendungen?
Erhaltene freiwillige Zuwendungen (Spenden, Katastrophenfonds etc), die dazu dienen, unmittelbare Katastrophenschäden zu beseitigen, sind beim Empfänger steuerfrei, kürzen aber die Ausgaben.
Welche weiteren steuerlichen Entlastungen gibt es?
Freibetragsbescheid zur zeitnahen Berücksichtigung von Katastrophenschäden Betroffene können bei ihrem Finanzamt bis spätestens 31.10. des jeweiligen Jahres, in dem Kosten zur Beseitigung von Katastrophenschäden angefallen sind, die Ausstellung eines Freibetragsbescheides beantragen. Mithilfe des Freibetragsbescheides kann die Steuerersparnis bereits bei der Abrechnung des Lohns/Gehalts im jeweiligen Jahr berücksichtigt werden. Der Betroffene erhält schon einen höheren Nettobezug und kann den höheren Auszahlungsbetrag zur teilweisen Finanzierung der Schadensbehebung verwenden.
Ebenso können Einkommensteuervorauszahlungen oder Vorauszahlungen zur gewerblichen Sozialversicherung für das laufende Jahr herabgesetzt werden. – Befreiungen von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben – Ersatzausstellung gebührenpflichtiger Schriften – Schriften für Schadensfeststellung, -abwicklung und -bereinigung – Bestandverträge (Miete, Leasing) im Zusammenhang mit einer Ersatzbeschaffung
Weitere Erleichterungen: – kein Säumniszuschlag bei katastrophenbedingtem Zahlungsverzug – kein Verspätungszuschlag bei katastrophenbedingten Fristversäumnissen
Was gilt für Spenden an Organisationen, die bei der Beseitigung der Katastrophenschäden geholfen haben? Diese Zuwendungen können bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen bis maximal 10 Prozent des Gesamtbetrages der Einkünfte (inklusive der betrieblichen Spenden) als Sonderausgaben steuerlich abgesetzt werden. Hier ist die Liste der begünstigten Einrichtungen des Bundesministeriums für Finanzen zu beachten!
Ausgaben nach Katastrophenschäden im betrieblichen Bereich
Berücksichtigung als Betriebsausgaben/Werbungskosten
Aufwendungen zur Beseitigung von Hochwasser-, Vermurungs- oder Sturmschäden an Betriebsvermögen oder beruflich genutztem Vermögen können in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bei der jährlichen Steuererklärung geltend gemacht werden.
Welche Aufwendungen sind als Betriebsausgaben/Werbungskosten sofort abzugsfähig? – Kosten für die Beseitigung der unmittelbaren Katastrophenfolgen (Beseitigung von Wasser- oder Schlammresten, Sperrmüllentsorgung, Mauertrocknung, Reinigung etc. – Kosten für die Reparatur und Sanierung beschädigter Gegenstände (z.B. Ausmalen oder Reparatur betrieblicher Gebäude, Maschinen etc.) zur Wiederherstellung des ursprünglichen Wertes – Kosten der (teilweisen) Entwertung von betrieblichen Gegenständen (außerplanmäßige Abschreibung)
Achtung: Steuerfreie Zuwendungen (z.B. aus Katastrophenfonds, Spenden) zur Beseitigung von Katastrophenschäden kürzen diese Aufwendungen! Die Bildung von Rückstellungen für künftige Katastrophenschäden ist nicht zulässig.
Neu- oder Ersatzinvestitionen im Zuge eines Schadenfalles
Wurde beispielsweise eine Maschine völlig zerstört und es muss eine neue Maschine angeschafft werden, so ist zunächst der Restbuchwert der alten Maschine als Aufwand zu erfassen. Die Anschaffungskosten der neuen Maschine sind im Anlagevermögen zu erfassen und verteilt über die neue Nutzungsdauer abzusetzen.
Achtung: Wird für die Ersatzinvestition ein Zuschuss (Spenden etc.) geleistet, so kürzt dieser Zuschuss in Höhe des Teilwertes des zerstörten Vermögensgegenstandes die Anschaffungskosten der Ersatzinvestition und vermindert damit die Bemessungsgrundlage für zukünftige Abschreibungen! Der restliche Zuschuss (sofern höher) ist steuerpflichtig. Die entstandenen Schäden sind im Falle von freiwilligen Zuwendungen (Spenden etc.) jedenfalls zu bewerten, damit die erhaltenen Zuwendungen in dieser Höhe steuerfrei bleiben können.
Sofern für den zerstörten Vermögensgegenstand (z.B. Maschine) eine Versicherungsentschädigung gezahlt wird und diese Entschädigung höher ist als der in der Buchhaltung ausgewiesene Wert, müssen diese „stillen Reserven“ grundsätzlich der Besteuerung unterworfen werden. Für Einzelunternehmer oder Personengesellschaften besteht jedoch – unter bestimmten Umständen – die Möglichkeit diese stillen Reserven auf andere Wirtschaftsgüter oder ins nächste Jahr zu übertragen! Dies ist jedoch im Einzelfall zu prüfen.
Leistungen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung sind steuerpflichtig.
Einnahmen-Ausgaben-Rechner
Fallen der Abfluss der Ausgaben zur Schadensbeseitigung und der Zufluss der Entschädigung in verschiedene Veranlagungszeiträume, ist die steuerfreie Entschädigung dem Wirtschaftsjahr der Schadensbeseitigung zuzuordnen. Dabei kann es gegebenenfalls auch zur Abänderung bereits bestehender Bescheide kommen.
Einkünfteermittlung nach Durchschnittssätzen
Bei der Basispauschalierung nach § 17 Abs 1 EStG ist eine gesonderte Berücksichtigung von Katastrophenschäden nicht vorgesehen, da durch die pauschalen Sätze sämtliche oder zumindest die wesentlichen Abzugsposten erfasst sind. Versicherungsentschädigungen und teilweise sogar Subventionen sind zusätzlich als Betriebseinnahmen anzusetzen.
Es ist daher zu prüfen, ob in Jahren von Katastrophenschäden von der Pauschalierung Gebrauch gemacht werden soll oder ein Übergang zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung sinnvoll ist!
Geld- oder Sachspenden
Was gilt für Spenden, die ein Betrieb direkt an Betroffene leistet?
Betriebe können geleistete Geld- und Sachspenden im Zusammenhang mit der Hilfestellung in Katastrophenfällen ohne Begrenzung im Rahmen des Werbeaufwands steuerlich absetzen, sofern die Zuwendungen der Werbung dienen. Die Werbewirkung ist z.B. dann gegeben, wenn in regionalen oder überregionalen Medien oder auf der Firmenhomepage über Spenden an Betroffene der Hochwasserkatastrophe berichtet wird. Für spätere Abgabenprüfungen ist eine entsprechende Dokumentation erforderlich!
Was gilt für Spenden an begünstigte Organisationen und freiwillige Feuerwehren?
Private und Betriebe können Spenden an spendenbegünstigte Organisationen bis zu 10% des Gesamtbetrages der Einkünfte bzw steuerlichen Gewinnes des jeweiligen Jahres (vor Abzug des Gewinnfreibetrages) steuerlich absetzen.
Welche Verlustausgleichs- und -vortragsmöglichkeiten gibt es? Entstehen im betrieblichen Bereich Verluste aus Naturkatastrophen, können diese mit laufenden anderen Einkünften gegengerechnet oder in zukünftige Jahre vorgetragen und dann mit Gewinnen aus diesen Betrieben gegengerechnet werden. Dies ist aber nur dann möglich, wenn der Gewinn mittels Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung) oder Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ermittelt wird. Verluste, die in Betrieben entstehen, die ihren Gewinn mittels Pauschalierung ermitteln, können nicht verrechnet oder vorgetragen werden. Es ist daher zu prüfen, ob ein Übergang zur Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bzw. zur Bilanzierung Sinn macht.
Welche weiteren Entlastungen gibt es? Herabsetzung der Vorauszahlungen (ESt, KÖSt, GSVG) Einkommensteuerpflichtige Personen können bis zum 31.10 des betroffenen Jahres die Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen beantragen, wenn das voraussichtliche Einkommen für das jeweilige Jahr aufgrund von Katastrophenschäden niedriger ist. Personen, die bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert sind, können die Herabsetzung der vorläufigen Beiträge für das jeweilige Jahr beantragen, wenn sie einen niedrigeren Gewinn oder sogar Verlust erwarten.
Befreiungen von Gebühren und Bundesverwaltungsabgaben – Ersatzausstellung gebührenpflichtiger Schriften – Schriften für Schadensfeststellung, -abwicklung und -bereinigung – Bestandverträge (Miete- oder Leasingverträge) im Zusammenhang mit einer Ersatzbeschaffung
Weitere Erleichterungen – kein Säumniszuschlag bei katastrophenbedingtem Zahlungsverzug – kein Verspätungszuschlag bei katastrophenbedingten Fristversäumnissen
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