Traiskirchen/Baden (pts009/20.06.2018/09:20) – Zum heutigen Welt-Flüchtlingstag reflektieren Studierende der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich ihren Besuch im Bundesbetreuungszentrum für Flüchtlinge in Traiskirchen. Ihr Eindruck: Die mediale Berichterstattung gibt ein verzerrtes Bild wieder.
„Von der Erstaufnahmestelle in Traiskirchen hatte ich, bedingt durch mediale Berichterstattung, ein negatives Bild. In meinem Kopf herrschte die Vorstellung von Menschenmassen, unhygienischen Bedingungen, Panik, Angst und Aggression. Ich wurde jedoch eines Besseren belehrt“, erzählt Verena Keusch. Sie ist eine von 20 Teilnehmer/innen des aktuellen Hochschullehrgangs „Migration, Asyl & Schule“ an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Zum Weltflüchtlingstag besuchten sie die Bundesbetreuungsstelle Ost in Traiskirchen. „Alle Räume sind sehr sauber und gepflegt, das Areal ist keineswegs überfüllt, das Personal ist äußerst bemüht und freundlich. Von Überforderung und Aggression ist nichts zu erkennen. Einige Asylantinnen und Asylanten, die uns während unserer Exkursion begegneten, lächelten und freundlich an. Es herrschte eine unerwartet positive Atmosphäre, welche in den Medien so nicht dargestellt wird.“
Primärerfahrungen
„Im Lehrgang sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch durch Primärerfahrungen lernen, also durch das Erleben und Erfahren von Inhalten an dafür spezifischen Orten, an denen sich das Thema manifestiert“, erklärt Lehrgangsleiter Karl Zarhuber. „Beim Besuch in Traiskirchen ist den Kolleginnen und Kollegen deutlich geworden: was in Medien über Traiskirchen kommuniziert wird, enspricht nicht dem, was sie selbst vorgefunden haben.“
„Gute Nachrichten verkaufen sich schlechter“
Auch Teilnehmerin Sigrid Langthaler-Angerer hatte bis zu ihrem persönlichen Besuch in der Bundesbetreuungsstelle den Begriff „Traiskirchen“ eher aus negativer Berichterstattung in Erinnerung: „Erklärbar ist dieser Umstand für mich so, dass diverse Medien im Kampf um Schlagzeilen hauptsächlich auf negative Berichterstattung setzen. Gute Nachrichten verkaufen sich einfach schlechter“, so die Lehrerin.
Ihre persönlichen Erfahrungen und Empfindungen aus dem Besuch haben die Teilnehmer/innen im Anschluss schriftlich reflektiert. Auszüge aus diesen Reflexionen möchte Lehrgangsleiter Zarhuber nun der Öffentlichkeit zugänglich machen: „Der Weltflüchtlingstag ist Anlass, um ein Zeichen zu setzen, welchen Schatz unsere Gesellschaft in all den Pädagoginnen und Pädagogen hat, die täglich Lösungen für Herausforderungen aus dem Bereich Flucht und Migration finden müssen.“
Die Gesellschaft sei sich nicht ausreichend bewusst, welches Konflikt- und Aggressionspotential Schulen und Pädagog/innen in ihrer täglichen Arbeit mit Kinder und Jugendlichen mit Flucht- und Migrationsgeschichte bewältigen und abfedern. „Und dann gibt es noch eine Gruppe von Pädagoginnen und Pädagogen, die ihre Freizeit dafür einsetzen, sich in Lehrgänge einschreiben, um zu lernen, um besser zu werden, diese Herausforderungen zu managen. Mit Ihnen wollen wir den Anlass wahrnehmen, um ein paar Zeichen in der Öffentlichkeit zu setzen.“
Aus den Reflexionen der Teilnehmer/innen zum Besuch in Traiskirchen:
„Ich habe in Traiskirchen ein engagiertes und motiviertes Team erlebt, das so gut es geht, versucht, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und das Bestmögliche aus einer Situation zu machen. Denn das ist für geflüchtete Menschen vielleicht das Wichtigste – sie als einzelne Menschen zu sehen, sie anzuhören und ihnen Chancen zu geben.“ Eva Kadernoschka
„Traiskirchen“ ist ein Ort der Zuflucht. „Traiskirchen“ ist ein Ort der Hilfeleistung. „Traiskirchen“ ist ein Ort von Menschen für Menschen. Sigrid Langthaler-Angerer
„Integration ist nicht ein planbares Ziel, sondern ein Prozess des Miteinander- und Voneinander-Lernens. Nur wird seinen Blick auf andere Kulturen richtet und genau hinsieht, dem wird es gelingen, nicht nur Unterscheide, sondern auch Gemeinsamkeiten zu entdecken und diese Unterschiede nicht als etwas Trennendes zu betrachten. Dann wird Diversität zum Motor für eigenes Lernen und Integration bedeutet ‚Herstellung des Ganzen‘, genauer gesagt ‚Herstellung eines neuen Ganzen‘. Die Kunst dabei liegt darin, zerstreute, nicht wahrnehmbare Teile wahrzunehmen und eine Veränderung des Zustandes herbeizuführen.“ Claudia Lintner
„Ich besuche diesen Lehrgang also hauptsächlich mit der Absicht, ein Zeichen zu setzen und um bei den Menschen in meiner Umgebung ein Umdenken zu erreichen. Migration ist keine negative Entwicklung, die unbedingt aufgehalten werden muss. Es ist ein Phänomen, das es in der Menschheitsgeschichte immer gegeben hat und immer geben wird. Menschen, die ihr Heimatland verlassen, tun dies nicht, um den Menschen in den Ankunftsländern auf der Tasche zu liegen und ihnen ihre Kultur aufzuzwingen. Sie haben entschieden, dass es die beste Möglichkeit ist, ihr (Über)Leben und das ihrer Familie zu sichern. An uns liegt es nun bestmögliche Hilfe und Unterstützung anzubieten, ohne dabei wirtschaftlichen Gewinn, Integration oder dergleichen zu erwarten. Wie können wir sonst auf den Erhalt unserer Werte pochen, wenn wir ein Kernelement des Christentums, nämlich die bedingungslose Nächstenliebe, nicht selber leben?“ Daniel Steinbrecher
Infos zum Lehrgang „Migration, Asyl & Schule“: https://www.ph-noe.ac.at/index.php?id=1201&nr=910
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Aussender: Pädagogische Hochschule Niederösterreich Ansprechpartner: Walter Fikisz Tel.: +43 650 4721023 E-Mail: walter.fikisz@ph-noe.ac.at Website: www.ph-noe.ac.at