EPA-EUIPO-Studie: Jeder dritte Job in Österreich und über 40 % des BIP stammen aus schutzrechtsintensiven Industrien

München/Alicante (pts017/25.09.2019/12:10) – Eine gemeinsame Studie des Europäischen Patentamtes und des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum zeigt, dass die EU-Wirtschaft von Patenten, Marken, Geschmacksmustern, Urheberrechten und anderen Rechten des geistigen Eigentums stark profitiert.

Fast jeder Dritte arbeitet in Österreich und in der EU in einem Industriesektor, der von geistigen Eigentumsrechten (Intellectual Property Rights – IPRs) intensiv Gebrauch macht. Das heißt, Unternehmen in solchen Branchen nutzen für den Schutz ihrer Erzeugnisse und Dienstleistungen überdurchschnittlich oft Patente, Marken, Geschmacksmuster (Design), Urheberrechte und andere Rechte des geistigen Eigentums (1). In absoluten Zahlen stellen diese Branchen mehr als 1,2 Millionen Arbeitsplätze in Österreich, entsprechend 29,6 % der Beschäftigung im Land. Damit liegt Österreich knapp über dem EU-Durchschnitt von 29,2 % (63 Millionen Arbeitsplätze). Im EU-Vergleich liegt Österreich bei Geschmacksmustern (Design) auf Platz 7, bei Patenten und Marken jeweils auf Platz 8.

Das zeigt die heute veröffentlichte dritte gemeinsame Studie des Europäischen Patentamts (EPA) und des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), welche die Bedeutung von geistigen Eigentumsrechten für die EU-Wirtschaft im Zeitraum 2014 bis 2016 hinsichtlich Beschäftigung, Bruttoinlandsprodukt, Gehälter und Handelsaktivitäten untersucht.

Schutzrechtsintensive Wirtschaftszweige tragen danach zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Österreich rund 150 Milliarden Euro bei. Sie liegen insgesamt prozentual geringfügig unter dem EU-Durchschnitt (knapp 45 % / 6,6 Billionen Euro).

Österreichs IPR-intensive Industriezweige

Die leistungsstärksten Industriezweige hinsichtlich Beschäftigung waren dementsprechend Maschinenbau, der insbesondere intensiven Gebrauch von Patenten macht, Möbel- und Interieur-Einzelhandel, die hauptsächlich Designeintragungen vornehmen, und der IT Sektor. Auf Platz vier liegt der Großhandel mit sonstigen Maschinen und Einrichtungen, der sowohl Marken-, Patent- als auch Design-Rechte aktiv nutzt, gefolgt von der Unternehmensberatung, für die überwiegend der Markenschutz wichtig ist.

Betrachtet man die Branchen in Österreich, die ihr geistiges Eigentum überwiegend mit Patenten und Designs schützen lassen, für sich, rangieren diese über dem EU-Durchschnitt: So beschäftigen patent-intensive Wirtschaftszweige mehr als 490.000 Menschen und tragen 59 Milliarden Euro zum BIP des Landes bei. Zu den Top 10 der österreichischen Patentanmelder beim EPA gehörten im Berichtszeitraum (und auch darüber hinaus einschließlich 2018) Borealis, AMS, Tridonic und die ZUMTOBEL GROUP.

Die EU verfügt über eine lange Design-Tradition und ist bei Geschmacksmustern weltweit führend. Geschmacksmusterintensive Branchen haben daher einen starken Einfluss auf die Wirtschaft innerhalb der EU. So auch in Österreich: Hier stellen design-intensive Industrien laut Studie 620 000 Arbeitsplätze und erwirtschaften 61 Millionen Euro pro Jahr.

Der Untersuchung zufolge gehen in Österreich über zwei Drittel der Arbeitsplätze in den schutzrechtsintensiven Industrien auf inländische Unternehmen zurück, die restlichen Jobs in diesen Branchen kommen überwiegend von Firmen aus anderen EU-Ländern. Darüber hinaus schaffen auch österreichische IPR-intensive Unternehmen rund 210.000 Arbeitsplätze in anderen EU-Mitgliedsstaaten, was fast 4 % aller grenzüberschreitenden Arbeitsplätze dieser Wirtschaftszweige ausmacht.

Christian Archambeau , Exekutivdirektor des EUIPO sagte: „Wirtschaftszweige, die intensiven Gebrauch von Rechten des geistigen Eigentums machen, spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die Prosperität der Europäischen Union zu erhöhen und ihre wirtschaftliche Zukunft zu sichern. Diese Branchen sind innovativer und zeigen sich gegenüber Wirtschaftskrisen widerstandsfähiger. Unsere Herausforderung besteht darin, sicherzustellen, dass alle Firmen und Unternehmer ihre geistigen Eigentumsrechte absichern können; dies gilt insbesondere für die KMU. “

António Campinos , Präsident des Europäischen Patentamts erklärte: „Die Bedeutung von schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen widerspiegelt die Stärke der wissensbasierten Wirtschaft in Europa. Diese Firmen und Konzerne melden häufig Bündel von Schutzrechten an, um ihr geistiges Eigentum zu schützen. Diese Strategie schafft Produkte und Dienstleistungen mit einem hohen Mehrwert und trägt somit dazu bei, Europas langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.“

Beschäftigungszuwachs in IPR-intensiven Branchen in der EU

EU-weit stieg die Beschäftigung in schutzrechtsintensiven Branchen im Studienzeitraum 2014 – 2016 gegenüber der Periode des Vorgängerberichts (2011-2013) um 1,3 Millionen Arbeitsplätze, während die Gesamtbeschäftigung insgesamt leicht zurückging. Darüber hinaus arbeiten 21 Millionen Erwerbstätige in Wirtschaftszweigen, die diese Industrien mit Gütern und Dienstleistungen versorgen.

Die Untersuchung zeigt außerdem, dass IPR-intensive Branchen durchschnittlich 47 % höhere Löhne zahlen. Die Wertschöpfung pro Mitarbeiter ist hier höher als in anderen Industriezweigen. In patent-intensiven Branchen liegt das Plus sogar bei 72 %. Weiterhin sind diese Industrien für 81 % des Handels von Waren und Dienstleistungen der EU mit anderen Regionen verantwortlich. Die gesamte EU verzeichnete 2016 in den schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen einen weltweiten Handelsbilanzüberschuss von rund 182 Milliarden Euro, wodurch sich ein geringes Handelsbilanzdefizit in nicht-schutzrechtsintensiven Wirtschaftszweigen ausglich.

Patente – spezifische Technologien in der EU

In patent-intensiven Branchen finden EU-weit rund 24 Millionen Menschen Beschäftigung. Sie erwirtschaften 16 % des gesamten EU-BIPs. In Klimaschutztechnologien entfielen im Berichtszeitraum beispielsweise 2,5 % der Arbeitsplätze und 4,7 % des BIP auf patentintensive Wirtschaftszweige. Europäische Unternehmen spielen mit fast 10 % aller Patentanmeldungen beim EPA eine führende Rolle. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Technologiesektors wird voraussichtlich zunehmen, wenn weitere Maßnahmen, für die im Pariser Abkommen festgelegten Ziele, eingeleitet werden.

Der Bericht untersucht ebenfalls die patent-intensiven Wirtschaftszweige, die einen wesentlichen Beitrag zu Technologien der Vierten Industriellen Revolution (4IR) https://www.epo.org/news-issues/news/2017/20171211_de.html und der digitalen Transformation in der EU leisten. Demnach machten diese 4IR-intensiven Wirtschaftszweige in der Berichtsperiode 1,9 % der gesamten Beschäftigung in der EU und 3,9 % des Bruttoinlandsprodukts aus, wobei im Vergleich zum Vorberichtszeitraum (2011 – 2013) beide Werte gestiegen sind. Die Gehälter in 4IR-intensiven Industrien sind besonders hoch: Die Erwerbstätigen verdienen mehr als das Doppelte im Vergleich zum Durchschnittslohn in anderen Branchen und 39 % mehr als die Beschäftigten in den übrigen schutzrechtsintensiven Zweigen.

Geschmacksmuster als Job-Motor

Geschmacksmusterintensive Branchen haben einen starken Einfluss auf die Wirtschaft innerhalb der EU-28. Insgesamt stellen sie 30,7 Millionen direkte Arbeitsplätze und tragen 16,2 % zum EU-weiten BIP bei. Die Exporte in diesem Sektor erzielten 2016 einen Handelsbilanzüberschuss von über 66 Milliarden Euro.

Marken-intensive Industrien

Markeneintragungen liefern oftmals einen Hinweis auf bevorstehenden wirtschaftlichen Erfolg, weil sie die Brand eines Unternehmens hervorheben und damit dessen Unterscheidungskraft auf dem Markt stärken. Wirtschaftszweige, die intensiv von Marken-Eintragungen Gebrauch machen, steuern 37 % zum BIP der EU bei und beschäftigen 46,7 Millionen Menschen. Diese Wirtschaftszweige zahlen außerdem Gehälter, die 48 % über der Vergütung in Branchen liegen, die keine geistigen Eigentumsrechte nutzen.

(1) Gemäß dieser Studie nutzen Unternehmen in der EU im Durchschnitt ein europäisches Patent, 4,7 europäische Marken, 1,7 eingetragene Designrechte (Geschmacksmuster) und 0,2 Sortenschutzrechten per 1000 Beschäftigte. Die durchschnittliche Nutzungsintensität für Urheberrechte und Ursprungsbezeichnungen kann nicht auf dieselbe Weise ermittelt werden, weil diese Rechte nur national angemeldet werden.

Da Industrien oftmals verschiedene Eigentumsrechte parallel intensiv nutzen, kann die Summe der einzelnen Schutzrechtkategorien die Gesamtzahl aller schutzrechtsintensiven Industrien übersteigen (Überlappungseffekt).

HINWEIS FÜR DIE REDAKTION Der heutige Bericht ist die dritte gemeinsame Studie, die die Bedeutung von Wirtschaftszweigen, die ihr geistiges Eigentum umfassend schützen, für die EU-Wirtschaft aufzeigen. Sie untersucht ein breites Spektrum von Rechten des geistigen Eigentums – Marken, Patente, Geschmacksmuster, Urheberrechte, geografische Angaben und Sortenrechte – und berücksichtigt eine Vielzahl von Indikatoren, wie das Bruttoinlandsprodukt (BIP), Beschäftigung, Handel und Gehälter. Die Studie 2013 betrachtet den Zeitraum 2008-2010, die Neuauflage von 2016 Daten von 2011-2013. Die aktuelle Studie http://www.epo.org/ipr-intensive-industries berücksichtigt die Jahre 2014-16. Ergänzend zu den EU-Mitgliedstaaten wurden in dieser Studie auch die Länder Island, Norwegen und die Schweiz einbezogen.

ÜBER DAS EPA Das Europäische Patentamt (EPA) ist mit knapp 7 000 Mitarbeitern eine der größten öffentlich-rechtlichen Einrichtungen in Europa. Das EPA mit Sitz in München und Büros in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien wurde mit dem Ziel gegründet, die Zusammenarbeit bei Patenten in Europa zu stärken. Durch sein zentralisiertes Patenterteilungsverfahren können Erfinder in bis zu 44 Ländern einen hochwertigen Patentschutz erhalten, der einen Markt von rund 700 Millionen Menschen abdeckt. Das EPA ist zudem die weltweit führende Behörde für Patentinformation und Patentrecherche.

ÜBER DAS EUIPO Das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) ist eine dezentrale Agentur der EU mit Sitz in Alicante, Spanien. Es verwaltet die Eintragung der Unionsmarke (EUTM) und des eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters (RCD). Beide gewährleisten in allen EU-Mitgliedstaaten den Schutz des geistigen Eigentums. Das EUIPO arbeitet darüber hinaus mit den nationalen und regionalen Ämtern der EU für geistiges Eigentum zusammen.

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